
Verbundprojekt – Cloudanwendungen für die Fertigung
Motivation: Gemeinsame Plattform zur standort- und länderübergreifenden Zusammenarbeit
Die Globalisierung und Verlagerung von Produktionsstätten des Maschinenbaus in weite Teile der Welt erhöht die Anforderungen an den Informationsaustausch zwischen einzelnen Standorten. Die durchgängige Abdeckung der Fertigung mit IT-Infrastruktur über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg stellt zudem die Bedeutung entsprechender Cloud-Lösungen in den Vordergrund.
Im Zuge des German-Swedish-Tech Forum im Januar 2017 entstand die Initiative zur Gründung eines »German-Swedish Testbed for Smart Production«, indem konkrete Fragestellungen standort- und länderübergreifender Fertigungsketten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) behandelt werden sollten. Das Hauptaugenmerk sollte dabei die Frage darstellen, wie die Fertigung anspruchsvoller Bauteile an verschiedenen Produktionsstandorten überwacht und geregelt werden kann. Ebenfalls zentral ist der Zugriff auf sensible Produktionsdaten – sowohl vor einem fachlichen Hintergrund als auch bezüglich sicherheitsrelevanter Fragestellungen. Besonders die modellbasierte Datenanalyse und digitale Zwillinge sollten innerhalb einer gemeinsamen digitalen IT-Infrastruktur genauer untersucht werden.
Zu diesem Zweck wurden in Kooperation mit Mittelstand-Digital über das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz und verschiedenen industriellen Praxispartnern jeweils Aspekte dieser Fragestellungen im Rahmen von Umsetzungsprojekten adressiert. Die Partner Fraunhofer IWU (Chemnitz) und Fraunhofer IPT (Aachen) initiierten eine gemeinsame digitale Infrastruktur, die es ermöglichte, die Umsetzungsprojekte mit Unterstützung von regionalen KMU durchzuführen und auch assoziierten schwedischen Partnern ebenfalls Zugang zur Plattform zu ermöglichen.
Besonderer Fokus des Verbundprojektes ist die Funktion als „Befähiger Industrie 4.0“ für KMU. Die erfolgreiche und gewinnbringende Umsetzung der Digitalisierung unter der Randbedingung des Agierens in komplexen und international verzweigten Liefer- und Wertschöpfungsketten ist derzeit eine der Hauptherausforderungen deutscher KMU. Die im Projekt genutzte Infrastruktur verfolgt das Ziel, Produktionstechnik digital und standortunabhängig verfügbar zu machen und Tests in einem leistungsfähigen und industrienahen Umfeld zu ermöglichen.
Digitale Zwillinge von Prozessen und Anlagen auswertbar machen
Insbesondere für KMU entstehen Mehrwerte durch die Standardisierung digitaler Prozesse auf horizontaler und vertikaler Unternehmensebene, wobei ebenfalls die Sicherheit sensibler Daten und Informationen gewährleistet wird. In verschiedenen Umsetzungsprojekten mit starkem Bezug zum Maschinen– und Anlagenbau wurden Anwendungen und Szenarien untersucht, die sich auf die modellhafte Abbildung von Prozessen sowie deren Auswertung innerhalb einer digitalen Infrastruktur konzentrierten. Die folgenden Teilfragen wurden im Rahmen der Projekte untersucht:
- Können digitale Zwillinge zwischen Standorten im Rahmen einer digitalen Infrastruktur verfügbar gemacht werden?
- Können diese digitalen Zwillinge durch geeignete Werkzeuge in der Form auswertbar gemacht werden, dass ein realitätsnahes Abbild der Fertigung entsteht?
- Kann aufgrund der gespeicherten Daten ein Rückschluss auf den aktuellen Qualitätszustand getroffen werden?
Dazu wurden verschiedene Datenquellen von Produktionsprozessen in einheitliche Verwaltungs- und Auswerteumgebungen überführt und somit dezentral zur Unterstützung von Prozesseignern nutzbar gemacht. Die Schlüssel-Technologie „Cloud“ wurde im Rahmen der Projekte als Unterbau genutzt, um Daten einheitlich und standardisiert zu speichern, mit geeigneten Modellen zu verknüpfen und auszuwerten. Im Ergebnis entstanden prototypische Anwendungen, die sich auf die Simulation, Analyse und Darstellung von Prozessdaten fokussieren.
Digitale cloudbasierte Infrastruktur initiieren und prototypische Anwendungen umsetzen
Der Aufbau und der Betrieb des Verbundprojektes ist in zwei Phasen gegliedert. Innerhalb der ersten Förderphase wurden die Grundlagen zur Umsetzung der geplanten Projekte gelegt. Initial wurde die IT-Infrastruktur auf die Anforderungen des Industrie 4.0 Testbed ausgelegt. Die Maschinen wurden mit dieser verbunden (kabelgebunden oder auch prototypisch über eine 5G-Verbindung am Fraunhofer IPT in Aachen) sowie mit Schnittstellen zur Datenübertragung ausgerüstet.
Im Vordergrund der zweiten Phase steht die konkrete Umsetzung industrienaher Projekte zur vernetzten und standortübergreifenden Produktion. Hierbei dient die ausgebaute IT-Infrastruktur aus der ersten Phase als Grundlage. Der Fokus liegt hierbei auf der Kooperation mit den KMU, um technologisch anspruchsvolle Anwendungsbeispiele innerhalb der vorhandenen, dezentralen Infrastruktur zu realisieren. Folgende sechs Teilprojekte wurden realisiert:
- Verfahrensbewertung für spanende Fertigungsprozesse (Fraunhofer IWU)
- Prozessregelsystem für Wälzschleifprozesse (Fraunhofer IWU sowie die Chemnitzer Zahnradfabrik GmbH & Co. KG)
- Agile Simulationsmodelle für die Prozessauslegung (Fraunhofer IWU und CADsys GmbH Chemnitz)
- Aufbereitung und Visualisierung von standortübergreifenden Fertigungsdaten (Fraunhofer IPT sowie oculavis GmbH)
- Entscheidungslogik für eine roboterbasierte Multi-Technologiezelle im Werkzeugbau (Fraunhofer IPT und Meissner AG)
- 5G-Datenübertragung für Fräsprozesse (Fraunhofer IPT sowie Marposs GmbH).
Die prototypische Umsetzung ergab, dass sich vor allem die Transparenz innerhalb komplexer Fertigungsprozesse für Prozessbeteiligte steigern lässt und eine Überwachung vereinfacht wird. Vielfältig vorhandene Schnittstellen zwischen Systemen und manueller Aufwand können abgebaut und Informationsketten schlanker gestaltet werden, was wiederum der Produktivität von Prozessverantwortlichen und der Fertigung zugute kommt. Ebenso ermöglichen auswertbare Modelle ein Echtzeitabbild der Fertigung, wodurch auch nachgelagerte Prozesse profitieren. Die dezentrale Datenhaltung steigert das Gesamtverständnis der einzelnen Prozesse innerhalb von Fertigungsketten und die Bauteilqualität kann über Standorte hinweg verfolgt werden. Kommunikationsschnittstellen von Maschinen werden mit digitalen Modellen verknüpft, um den Prozesszustand überwachen zu können und bei Bedarf schnelle Analysen durchführen zu können. Daten, die auf herkömmlichen Wege über Schnittstellen bereitgestellt werden müssten, können so direkt an den Kunden weitergegeben werden.
Die vorhandene Infrastruktur wurde mit prototypischen Modellen erprobt und weitere Anwendungsfälle sind denkbar. Im Rahmen der geschaffenen Infrastruktur ergibt sich für KMU die Möglichkeit, eigene Anwendungen zu konzipieren, cloudbasiert zu testen und zu validieren.
Konsortialpartner

Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU)

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT)
Ansprechpartner

Software für roboterbasierte Multi-Technologiezelle im Werkzeugbau
Im Werkzeugbau müssen häufig komplexe Prozessketten miteinander kombiniert werden. Hierfür haben wir ein Mock-up zur Prozesskettenplanung von roboterbasierten Bearbeitungen in einer Multi-Technologiezelle entwickelt.

Agile Simulationsmodelle für die Prozessauslegung
Erfahren Sie, wie ein cloudbasiertes Interface Anwender bei der Simulation wechselnder Maschinenkonfigurationen im Rahmen der Arbeitsvorbereitung unterstützt und in die CAM-Umgebung eingebettet werden kann.

Standortübergreifende Fertigungsdaten aufbereiten und visualisieren
Unser Umsetzungsprojekt zeigt, wie ein eigens entwickeltes Fertigungscockpit bei der standortunabhängigen Visualisierung von Fertigungsprozessen eingesetzt werden kann.

Verfahrensbewertung für spanende Fertigungsprozesse
Erfahren Sie, wie mittels cloudbasierter Datenspeicherung Messdaten zu Bauteilen zugeordnet werden können, um eine systematische Auswertung und Prozessoptimierung zu ermöglichen.