Lernvideos einfach selbst erstellen

Erik Hunold & Christopher Schäfer

Lernvideos sind beliebt, weil sie helfen, Inhalte besser zu verstehen. Die Einsatzmöglichkeiten für Instruktionsvideos in einem Betrieb sind dabei vielfältig. Sie helfen  bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter, unterstützen Kunden bei der Bedienung von Produkten oder helfen bei der Überwindung von Sprachbarrieren. Und noch ein Vorteil: Sie können gute Lernvideos einfach und günstig selbst erstellen.

In dieser Ausgabe unserer Nachgelesen-Reihe erfahren Sie:

  • wie Sie ohne teures Equipment ein hochwertiges Instruktionsvideo filmen,
  • was Sie bei Bildgestaltung und Ausleuchtung beachten sollten,
  • wie Sie ein Script für ein Instruktionsvideo erstellen,
  • worauf Sie achten sollten, um gute Tonaufnahmen zu produzieren und
  • wie Sie ihr Video finalisieren.

Bevor es losgeht

Vor dem Beginn der Produktion sollten einige grundlegende Fragen zum Video geklärt werden. Beispielsweisesollte klar sein, an wen sich das Video konkret richtet. Wenn sich ein Video an Kunden des Betriebs richtet, sollte es eine gewisse repräsentative Wirkung haben, beispielsweise in Form eines Firmenbanners zu Beginn und am Ende des Videos oder einer kurzen Begrüßung der Kunden. Weiterhin sollte bedacht werden, in welcher Sprache das Video produziert wird. Es könnte bspw. sinnvoll sein, sich mittels anderssprachiger Untertitel auch an nicht-deutschsprachige Zuschauer zu richten.

Storyboard

Das Storyboard dient als Leitfaden während der Erstellung des Videos. Es besteht aus den einzelnen Szenen, aus denen sich das fertige Video zusammensetzt, aufgeteilt in Bild, Text und Zeit (exemplarisch dargestellt in Abbildung 1).

In der Bild-Spalte wird erläutert, was die Szene zeigt. Dies kann, je nach Szene, eine allgemeine Beschreibung des Motivs enthalten („Totale, Fräsmaschine in der Werkhalle“), Kamerabewegungen beschreiben („Nahaufnahme, Kameraschwenk über Bedienfeld“) oder vor der Kamera ausgeführte Handlungen umschreiben („Nahaufnahme, Bauteil B wird angeschraubt“).

Parallel dazu wird in der Text-Spalte der Text verfasst, der währenddessen vermittelt wird, sei es mittels eines Sprechertextes „aus dem Off“ oder mittels eingeblendeter Untertitel. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass es sich um ein Video mit Sprechertext handelt.

Während des Schreibens der Sprechertexte ist es ratsam, sich diese selbst ruhig aufzusagen. Einerseits klingen Sätze, die auf dem Papier gut aussehen, ausgesprochen oftmals umständlich und klobig, andererseits bekommt man so ein gutes Gefühl dafür, wie lang eine eingesprochene Textstelle am Ende ungefähr sein wird.

In der Spalte „Zeit“ wird die Dauer der einzelnen Szenen in Sekunden angegeben. Dies muss lediglich eine grobe Schätzung sein. Die exakte Länge einer Szene ergibt sich erst, wenn Film und Sprechertext zusammengeführt werden. Hilfreich ist es hierbei, die Szene vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen und einzuschätzen, ob Ton und Bild etwa die gleiche Zeit in Anspruch nehmen. Ist hierbei der Sprechertext wesentlich länger als die gezeigten Vorgänge, könnte es sich anbieten, die gleiche Szene noch einmal aus anderen Kamerawinkeln zu zeigen. Weniger problematisch ist es, wenn die gezeigte Szene länger als der zugehörige Sprechertext ist. Etwas längere Pausen zwischen Absätzen sind kein Problem. Bei Bedarf können auch zwischen einzelnen Sätzen Pausen eingefügt werden, um den Text etwas zu verlängern, ohne den Rhythmus des Videos zu stören.

||© TU Chemnitz
Abbildung 1: Beispiel eines Storyboards

Schließlich ist es hilfreich, die Szenen für eine bessere Übersicht zu nummerieren. Dies erleichtert später beim Schneiden des Videos das Organisieren der einzelnen Clips.

Kamera & Zubehör

Bei der Wahl der Kamera ist die wahrscheinlich naheliegendste Option das eigene Smartphone. Moderne Smartphonekameras haben eine Bildqualität, die für das Erstellen eines simplen Selbstlernvideos absolut ausreicht. Bezahlbare Alternativen wären zum Beispiel Go-Pros oder andere Actioncams. Bei Letzteren sollte jedoch beachtet werden, dass der weite Aufnahmewinkel der Kamera, gerade bei Detailaufnahmen nah am Motiv, das Bild sehr verzerren kann. Einige modernere Kameras bieten die Funktion, dies automatisch zu korrigieren. Bei beiden Varianten sollte erwähnt werden, dass es sich um Kameras mit sehr kleinen Bildsensoren handelt, die relativ wenig Licht aufnehmen. Um mit diesen ein sauberes Bild frei von „Rauschen“ zu erhalten, sollte das Motiv ausreichend beleuchtet sein.

Bei statischen Aufnahmen, also bei solchen, in denen der Kamerawinkel gleichbleibt, ist das Verwenden eines Stativs ratsam. Smartphones und Actioncams verfügen meist über eine relativ gute Bildstabilisierung, trotzdem wird der Bildeindruck ruhiger, wenn die Kamera sich bei statischen Aufnahmen auch tatsächlich nicht bewegt.

Eine gute Ergänzung zur Verwendung eines Stativs kann ein Gimbal sein, also ein mechanischer Kamerastabilisator. Die gängigsten Varianten sind speziell für die Verwendung mit Smartphones vorgesehen und ermöglichen es mit ein wenig Übung, sehr glatte Kamerabewegungen aufzunehmen.

||© MD Shahin Shah Shahin auf Pixabay
Abbildung 2: Smartphone mit Gimbal

Bild

Bei der Wahl eines geeigneten Bildausschnitts ist darauf zu achten, dass möglichst nichts im Bild vom Motiv ablenkt. Ein geeigneter neutraler Hintergrund für die Montage von Kleinteilen könnte beispielsweise eine große Tischplatte sein. Bei größeren Motiven, z. B. wenn Arbeitsschritte an einer Maschine gefilmt werden, empfiehlt es sich auch auf den Rest des Bildausschnitts Wert zu legen und zu schauen, ob alles aufgeräumt wirkt und keine störenden Gegenstände im Weg stehen.

Speziell bei Nahaufnahmen von glatten Oberflächen ist es wichtig, alles vollständig zu säubern, sodass diese frei von Staub und Flecken sind.

Blende, Weißabgleich, Belichtungszeit und ISO können beim Filmen von der Kamera automatisch geregelt werden, hierbei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Lichtverhältnisse während des Filmens gleichbleiben. Würde z. B. während des Filmens unerwartet die Sonne zum Vorschein kommen und durch ein offenes Fenster scheinen, würde die Kamera die Belichtung zwar automatisch korrigieren, aber im fertigen Video wäre trotzdem ein deutlicher Unterschied im Bildeindruck zu erkennen.

Licht

Das Ausleuchten der Motive ist eine weitere Möglichkeit, diese vom Hintergrund abzuheben. Ein gut ausgeleuchtetes Motiv vor einem dunkleren Hintergrund lenkt die Aufmerksamkeit der Zuschauer dahin, wo sie hingehört.

Bei der Lichtgestaltung ist es wichtig, harte Schatten zu vermeiden. Hierzu können Leuchten und Strahler mit weißen Stofftüchern verhangen werden, dies sorgt für ein weicheres Licht. Weiterhin gilt es zu vermeiden, dass bei der Ausleuchtung verschiedene Lichtfarben verwendet werden. Hierdurch entsteht ein uneinheitlicher Farbton im Bild. Wird das Motiv zum Beispiel von einer Seite mit Baustrahlern mit Halogenlampen ausgeleuchtet, die ein warmes Licht abgeben, sollte es nicht von der anderen Seite mit kühlerem Licht von Xenonlampen oder Leuchtstoffröhren erhellt sein.

||© Carlos Alcazar auf Pixabay
Abbildung 3: Ausleuchtung im Fotostudio

Ton

Das Einsprechen eines Textes ist anfangs oft noch sehr ungewohnt. Es ist daher ratsam, sich vor der Aufnahme etwas Zeit zu nehmen, um sich mit dem Text zu beschäftigen, ihn einige Male laut aufzusagen und gegebenenfalls noch Textstellen leicht umzuformulieren, die sich beim Sprechen zu unnatürlich anfühlen. Wichtig ist eine klare Aussprache, ein ruhiges Tempo und das Einlegen von Pausen zwischen einzelnen Sätzen. Das erleichtert später den Schnitt.

Auch die Aufnahmeumgebung hat einen starken Einfluss auf den späteren Klang der Aufnahmen.

Umgebungsgeräusche wie PC-Lüfter, laut laufende Heizungen, Klimaanlagen und Straßenlärm sollten eliminiert werden. Auch der Raum selbst hat einen großen Einfluss auf die Tonqualität. Große Räume, hohe Decken und blanke Wände begünstigen das Entstehen eines hörbaren Echos und sollten vermieden werden. Kleine, volle Räume haben typischerweise eine bessere Akustik, ein Echo von freien Wänden kann durch das Aufhängen von Bettdecken oder das Aufstellen von großen Sofakissen reduziert werden.

Als Aufnahmegerät eignet sich auch hier das Smartphone und dessen eingebautes Mikrophon. Die bessere Alternative sind jedoch externe Mikrofone. Ansteckmikrofone für das Smartphone sind relativ günstig in der Anschaffung (ab 20€) und einfach in der Handhabung. Egal welches Mikrofon verwendet wird, es sollte sich bei der Aufnahme nah am Kopf der sprechenden Person befinden, auch dies verringert Raumhall.

Für die Qualität ebenso wichtig wie das benutzte Mikrofon sind konstante Aufnahmebedingungen. Die Positionen des Mikrofons und des Kopfes sollten über die gesamte Aufnahme möglichst gleichbleiben, ebenso sollten keine Gegenstände im Raum (Stühle, Vorhänge) verändert werden, da auch das zu einer Veränderung im Klangbild führen würde.

Zuletzt ist es ratsam, eine lange Aufnahme einzusprechen, statt einzelner Sätze oder Absätze. Der Arbeitsaufwand zum Herausschneiden eines Versprechers, schlecht betonter Takes oder Pausen aus einer einzigen Datei, ist weit geringer als der Arbeitsaufwand für die Bearbeitung und Archivierung einer Vielzahl kurzer Sprachdateien.

||© Tobias Albers-Heinemann auf Pixabay
Abbildung 4: Smartphone mit externem Mikrofon

Software

Welches Programm für den Schnitt geeignet ist, hängt stark davon ab, wie umfangreich man das Rohmaterial bearbeiten will. Wenn ohnehin ein Zugang zur Adobe Creative Cloud existiert, bietet sich Adobe Premiere an, ein umfangreiches, professionelles Schnittprogramm, das gemeinhin als Industriestandard gilt.

Kostenlose Alternativen zu Adobe:

  • Lightworks (professioneller Editor, englisch, Pro-Version kostenpflichtig, Windows, Linux, Mac)
  • DaVinci Resolve (professioneller Editor, englisch, Anmeldung erforderlich, Windows, Linux, Mac)
  • OpenShot (einfache Bedienung, deutsch/englisch, Windows)
  • iMovie (einfache Bedienung, deutsch/englisch, Mac)
  • InShot (einfache Bedienung, deutsch/englisch, Pro-Version kostenpflichtig, iOS, Android)

Schnitt

Zunächst sollten die Rohdateien übersichtlich archiviert und benannt werden. Hierfür bietet es sich an, die Videos nach der Nummer der Szene und, wenn mehrere Takes existieren, nach der Nummer des Takes zu benennen. Die Videos der ersten Szene würden demnach 1-1, 1-2, 1-3 heißen, die Videos der zweiten Szene 2-1, 2-2, 2-3, und so weiter.

Wenn die Videos nun in das Projektarchiv des Schnittprogramms (diese unterscheiden sich von Programm zu Programm) übertragen werden, ist auf Anhieb zu erkennen, worum es sich bei jedem einzelnen Video handelt.

Als nächstes kann damit begonnen werden, in der Timeline/Zeitschiene des Schnittprogramms den eingesprochenen Text durchzugehen, die besten Takes herauszusuchen und sie in einzelne Sätze aufzuteilen. Dann werden die Videos gemäß Storyboard in der Timeline zugeschnitten und platziert, die Clips des Sprechertextes den Szenen zugeordnet und abschließend nach Bedarf Betriebslogos als Intro und Outro sowie Musik hinzugefügt.

Wenn die Zeitschätzungen beim Erstellen des Storyboards in etwa korrekt waren, sollte sich das Video problemlos zusammenfügen lassen.

||© Recklessstudios auf Pixabay
Abbildung 5: Beispielhafte Ansicht verschiedener Schnittebenen

Überblick

Die Anwendungsmöglichkeiten für selbstproduzierte Instruktionsvideos sind vielfältig. Durch moderne Smartphones ist es inzwischen möglich, mit relativ geringem finanziellen und zeitlichen Aufwand ein qualitativ überzeugendes Video zu drehen. Mit einigen einfachen Techniken wie weicher Beleuchtung oder dem Herstellen einer guten Raumakustik lassen sich Film- und Tonaufnahmen ohne großen Aufwand erheblich verbessern. Videoschnittapps für Android und iOS ermöglichen es, Videos komplett mit dem eigenen Smartphone aufzunehmen und zu editieren. Für umfangreichere Projekte stehen auf allen gängigen Betriebssystemen professionelle Editoren zur Verfügung.

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Autoren

Erik Hunold ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Arbeitswissenschaft & Innovationsmanagement der Technischen Universität Chemnitz. Im Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz beschäftigt er sich mit den Themen Arbeit 4.0, moderne Arbeitswelten sowie Geschäftsmodellentwicklung und Usability.
erik.hunold@betrieb-machen.de

Christopher Schäfer ist studentische Hilfskraft an der Professur Arbeitswissenschaft & Innovationsmanagement der Technischen Universität Chemnitz. Er unterstützt im Projekt Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz bei der Erstellung und Aufbereitung von Medien, insbesondere von Videos.

Weitere Informationen

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