Am 14. Januar 2019 ist das Markenrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Eine der zahlreichen Neuerungen betrifft die erweiterten Darstellungsmöglichkeiten im Markenregister.
Mag man bei Marken wohl im ersten Moment vorrangig an Abbildungen denken – zum Beispiel die teils sehr kunstvollen Embleme von Modehäusern auf Kleidungsstücken oder die Darstellung eines angebissenen Apfels auf technischen Geräten – kennt das Markenrecht eine grundsätzlich unbegrenzte Vielfalt an Zeichen, die geschützt werden können. Zwar taucht die Abbildung im Katalog des § 3 Abs. 1 Markengesetz (MarkenG), der nur Beispiele aufzählt, als erstes auf. Geschützt werden können aber zum Beispiel auch Klänge und dreidimensionale Gestaltungen.
Wenn man einmal darauf achtet, merkt man auch sehr schnell, auf welch vielfältige Weise Unternehmen die Herkunft ihrer Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Die Abbildung eines Emblems auf der Ware nimmt dabei in der Tat nur einen Platz unter vielen ein:
Bevor im deutschen Fernsehen Spiele der Fußballbundesliga gezeigt werden, wird eine etwa halbminütige charakteristische Tonfilmsequenz eingespielt, um den Zuschauer darauf hinzuweisen, dass die folgenden Sportereignisse aus eben jener Fußballbundesliga stammen. Ähnliches findet sich bei Spielfilmen: bevor ein Film aus dem Hause Pixar beginnt, wird der Schriftzug Pixar in schwarz auf blauem Grund gezeigt. Sodann springt eine animierte Schreibtischlampe ins Bild, um dem Buchstaben „i“ im Schriftzug seine Position streitig zu machen.
Wie man an der Erwähnung einer Bewegungsmarke in der Markenverordnung entnehmen kann (§ 6 Nr. 6 Fall 4) empfinden manche Unternehmen sogar bestimmte Bewegungsabläufe als so charakteristisch für sich und ihre Waren oder Dienstleistungen, dass sie diese als Kennzeichnung wählen (zum Beispiel: der springende Schirm der Dresdner Bank).
Obwohl das MarkenG auch vor der Reform eine unbegrenzte Vielfalt von Zeichen schützen sollte, scheiterte bei außergewöhnlichen Kennzeichen wie Filmsequenzen oder Geräuschen die Eintragung ins Register. Denn nur Kennzeichen, die grafisch darstellbar waren (gemeint war eine zweidimensionale Darstellung [1]), konnten ins Register eingetragen werden.
Bei der erwähnten Einspielung vor Bundesligaspielen wäre man nach alter Rechtslage mit einer grafischen Darstellung schon an Grenzen gestoßen.
Hörmarken, die mittlerweile „Klangmarken“ heißen, konnte man immerhin durch Darstellung in einer üblichen Notenschrift grafisch darstellen, § 11 Abs. 2 Satz 1 MarkenV alte Fassung.
Darauf reagiert die Markenrechtsreform. § 8 Abs. 1 MarkenG schließt nunmehr nur solche Zeichen von der Eintragung aus, die sich im Register nicht klar und eindeutig darstellen lassen. Es genügt, wenn „das Zeichen in eindeutiger, präziser, in sich abgeschlossener, leicht zugänglicher, verständlicher, dauerhafter und objektiver Weise darstellbar“ ist, Erwägungsgrund 13 der Richtlinie.[2]
Vom Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit wird zugunsten einer Darstellung „in jeder geeigneten Form unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologie“ abgerückt.
Nun kann eine Klangmarke auch auf einem Datenträger dargestellt werden (§ 11 Abs. 1 Markenverordnung). Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) verlangt dabei eine Darstellung im MP3-Format.[3] Das bringt gleich zwei günstige Effekte für den Markenanmelder mit sich: in einem Notensystem ließ sich die Klangmarke zwar einigermaßen deutlich wiedergeben. Bei der Wiedergabe eines Jingles in Notenschrift wird man sich dennoch nicht vorstellen können, wie dieser ganz exakt klingt.[4] Dem kann nun die Möglichkeit der akustischen Wiedergabe abhelfen.[5] Zudem lassen sich jetzt auch diverse Geräusche als Marke eintragen, deren Übertragung in ein Notensystem nicht möglich ist, die aber dennoch für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens charakteristisch sein können (zum Beispiel das „Ploppen“ einer Bierflasche).[6]
Der Bundesligafilm aus dem vorgenannten Beispiel fällt wohl unter die Multimediamarke, einer Kennzeichnung aus Bild und Ton.[7] Die Darstellung einer Multimediamarke auf einem Datenträger hat im MP4-Format zu erfolgen.[8] Dasselbe gilt für die Bewegungsmarke, bei der die grafische Darstellbarkeit in der Vergangenheit zwar nicht unmöglich, aber doch Schwierigkeiten unterworfen war.[9]
Zwar kann und konnte man Markenschutz im deutschen Recht auch ohne Eintragung erlangen. § 4 Nr. 2 MarkenG sieht vor, dass Markenschutz auch durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr entsteht, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (Benutzungsmarke). Nach wohl herrschender Meinung musste nach der alten Rechtslage die Benutzungsmarke auch nicht grafisch darstellbar sein.[10] Gerade in Rechtsstreitigkeiten erfährt der Inhaber einer eingetragenen Marke aber Erleichterungen. So muss bei einer Benutzungsmarke im Prozess vor allem die Verkehrsgeltung bewiesen werden.[11] Die Eintragung im Markenregister ist demgegenüber verlässlicher, wenn es darum geht, die Entstehung des Schutzes und dessen genauen Gegenstand zu belegen, §§ 4 Nr. 1, 41 Abs. 1 MarkenG.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass im Immaterialgüterrecht oftmals ein Schutz durch mehrere Rechte möglich ist. Ein als Marke schutzfähiges Zeichen kann gleichzeitig auch urheberrechtlich geschützt sein.[12] Der erwähnte kurze Tonfilm vor Bundesligaspielen genießt zum Beispiel auch urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG). Insofern ist man nicht immer nur auf den Schutz des Markenrechts beschränkt, wenn man anderen die Benutzung des Unternehmenssignets untersagen will.
Selbst wenn bei Marken zweifelhaft ist, ob die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe nach § 2 Abs. 2 UrhG erreicht ist und auch der Schutz über die Benutzung nach § 4 Nr. 2 MarkenG womöglich nicht sicher geltend gemacht werden kann, bietet die vorliegende Erweiterung des § 8 Abs. 1 MarkenG neues Potential. Letzteres wird beispielsweise bei Markenformen wie sehr trivialen Bild-Ton-Sequenzen oder Naturgeräuschen relevant:
Nach alter Rechtslage wäre eine Eintragung an der fehlenden grafischen Darstellbarkeit gescheitert. Auch über das Urheberrecht hätte man mangels Schöpfungshöhe keinen Schutz bekommen. Man hätte sich allenfalls auf Verkehrsgeltung berufen können. Nach der Änderung des Markengesetzes lassen sich auch solche Kennzeichen nunmehr zur Eintragung ins Register anmelden – das Unternehmen kann damit auf „Nummer sicher“ gehen.
Zusammenfassend erweitert die Neufassung in § 8 Abs. 1 MarkenG den markenrechtlichen Schutz und schafft auch für KMU mehr Spielraum, Waren und Dienstleistungen kreativ und dennoch hinreichend geschützt zu kennzeichnen.
Anhang:
- 8 Abs. 1 MarkenG:
Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.
- 6a Markenverordnung:
(1) Die Marke bedarf einer Darstellung, die den Erfordernissen des § 8 Absatz 1 des Markengesetzes genügt. Die Darstellung kann in Papierform oder auf einem Datenträger eingereicht werden. Der Datenträger muss vom Deutschen Patent- und Markenamt auslesbar sein. Die beim Deutschen Patent- und Markenamt lesbaren Datenträgertypen und Formatierungen werden auf der Internetseite www.dpma.de bekannt gegeben. Ist nach Maßgabe dieser Verordnung die Einreichung mehrerer Ansichten möglich, müssen alle Ansichten in einer einzigen Datei enthalten sein. Ist der Datenträger nicht lesbar, gilt die Darstellung als nicht eingereicht.
(2) Bei sonstigen Marken, die sich nicht anderweitig darstellen lassen, ist eine Darstellung durch Text als alleiniges Darstellungsmittel möglich, wenn der Text den Gegenstand des Schutzes der Marke nach § 8 Absatz 1 des Markengesetzes klar und eindeutig bestimmbar macht. Der Text darf bis zu 150 Wörter umfassen, muss fortlaufend sein und darf keine grafischen oder sonstigen Gestaltungselemente enthalten.
(3) Ist die Darstellung einer Markenform durch verschiedene Mittel möglich, entscheidet der Anmelder über die Art der Darstellung. Wird die gleiche Darstellung der Marke auf Papier und auf einem Datenträger eingereicht, ist die Darstellung auf einem Datenträger für den Schutzgegenstand maßgeblich. Für die Bestimmung des Anmeldetages ist in den Fällen des Satzes 2 das zuerst eingereichte Darstellungsmittel maßgeblich.
Autor: Julian Kanert | April 2019
[1] Müller in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, MarkenG § 8, Rn. 7.
[2] Richtlinie (EU) 2015/2436
[3] https://www.dpma.de/dpma/veroeffentlichungen/bekanntgaben/2019/14012019/index.html (abgerufen am 5. April 2019)
[4] M-Th. Schmid in: Kur/v. Bomhard/Albrecht: BeckOK Markenrecht, Stand: 14.01.2019, § 32, Rn. 35. 1 und 35.2.
[5] M-Th. Schmid in: Kur/v. Bomhard/Albrecht: BeckOK Markenrecht, Stand: 14.01.2019, § 32, Rn. 35.2.
[6] Hacker: Das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG) Teil I, in GRUR 2019, 113, 114.
[7] Grübler: EU Markenrechtsreform: Neue Regeln für Hör-, Bewegungs- und Multimediamarken, in GRUR-Prax 2017, 417, 418.
[8] https://www.dpma.de/dpma/veroeffentlichungen/bekanntgaben/2019/14012019/index.html (abgerufen am 5. April 2019)
[9] Grübler: EU Markenrechtsreform: Neue Regeln für Hör-, Bewegungs- und Multimediamarken, in GRUR-Prax 2017, 417, 418.
[10] Siehe zum Meinungsstand: Weiler in: Kur/v. Bomhard/Albrecht: BeckOK Markenrecht, Stand: 14.01.2019, § 4, Rn. 30.
[11] Weiler in: Kur/v. Bomhard/Albrecht: BeckOK Markenrecht, Stand: 14.01.2019, § 4, Rn. 100.
[12] Bisges in: Bisges: Handbuch Urheberrecht, 1. Auflage, Berlin 2016, Seite 9, Rn. 14.